18. September 2019
Die Bundesbank sieht Potenzial für digitale Währungen.

Bundesbank sieht Chancen bei Kryptowährungen

Die Bundesbank hat in ihrem Juli-Monatsbericht einen umfangreichen Beitrag zu digitalen Währungen und der Blockchain-Technologie verfasst, welcher entgegen sonst häufig publizierter Meinungen von Aufsichtsbehörden, auch die Chancen für Effizienzsteigerungen im Finanzgewerbe aufzählt. Initiativen wie Libra könnten künftig im Zahlungsverkehr eine große Bedeutung erlangen.

Die Leser des Monatsberichtes der Deutschen Bundesbank für Juli 2019 werden sich teilweise die Augen gerieben haben. Neben einer umfangreichen Schilderung der Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie in der Finanzbranche, beispielsweise für die Transaktions- und Wertpapierabwicklung, widmet sich die Aufsichtsbehörde darin auch ausgewählten Token. Insbesondere sogenannte Stable Coins, welche deutlich weniger schwankungsintensiv seien, als Bitcoin, Ethereum und weitere Digitalwährungen, werden in dem Beitrag deutlich positiv herausgestellt. Insbesondere diese, als sicherer eingestuften Token, eignen sich für schnelle und kostengünstige Abwicklungen von Finanztransaktionen.

Als beispielhaftes Projekt für die Initiierung eines Stable Coins wird auf das von Facebook geführte und von namhaften (Finanz-)Konzernen (unter anderen Mastercard, Uber, PayPal, eBay, Spotify, Visa und Vodafone) begleitete Konsortium unter dem Titel „Libra“ bzw. „Libra Association“ eingegangen. Daraus abgeleitet und unter der Voraussetzung, einer umfangreichen Nutzung und Anerkennung, gesteht die Bundesbank ein, dass diesem und weiteren vergleichbaren Vorhaben zukünftig eine signifikante Zahlungsverkehrsbedeutung beizumessen ist.

Unter zahlreichen Politikern und Währungshütern wird insbesondere „Libra“ deutlich kritischer beurteilt, als der Monatsbericht der Bundesbank es hergibt. Sogenannte Stable Coins sind in der Regel an die Wertentwicklung einer Währung, eines Korbes von Zentralbankwährungen oder anderweitiger Asstes gebunden und verfügen demnach über höhere Sicherheiten als die Mehrheit der sonst häufig beachteten Kryptowährungen. Der Initiator des Stable Coins hält den Gegenwert demnach in einem der vorgenannten Assets, ohne einen rechtsverbindlichen Rücktausch zuzusichern, was wiederum, in Abhängigkeit der Ausgestaltung der Besicherung – entgegen des eigentlichen Ziels – zu diversen Risiken der Coin-Investoren führen kann.

Aufgrund der Individualität sämtlicher (Stable) Coins, ist deren zukünftige (finanz-) wirtschaftliche Bedeutung schwer zu prognostizieren. Die Bundesbank schreibt ihnen zumindest in finanziell entwickelten Regionen eher geringe Bewandtnis zu. Aufgrund ihrer Zentralbankeigenschaften erscheint das begründet. Wer schafft sich schon gerne selber ab. Die finale Durchsetzung eines solchen Coins hängt jedoch letztendlich von dem initiierenden Konsortium, dessen globaler Wirkung und Vertrauenswürdigkeit ab.

Der Grundgedanke hinter „Libra“ mündet in einem digitalen Zahlungsnetzwerk, das beispielsweise in sozialen Netzwerken genutzt werden kann. Die „Libra“ und ihre angestrebte globale Verwendung wird im Gegensatz zu Bitcoin & Co. von großen Konzernen geleitet und kann ggf. traditionelle Geschäftsmodelle und Finanzmarktakteure in starke Bedrängnis versetzten. Genau diese Aspekte, welche in einer Verunsicherung des Finanzsystems münden können, rufen Währungshüter und Politiker auf den Plan. In diesem Kontext muss der Beitrag der Bundesbank samt der Schilderung von Chancen durch Stable Coins zumindest als besonders akzentuiert erachtet werden.

Ausschließlich die Mitgliedsunternehmen der „Libra Association“ sind in der Lage, Transaktionen zu validieren oder Anpassungen des Codes zu akzeptieren und machen sich aufgrund ihrer Bekanntheit angreifbar für kontroverse Diskussionen. Kritiker fordern häufig ein Verbot der „Libra“. US-Abgeordnete verlangten bereits, die Digitalwährung gar nicht erst einzuführen. US-Senatoren bezeichneten die Pläne als „verrückt“, da Facebook bereits mit zahlreichen Datenskandalen auf sich aufmerksam gemacht habe. Solche Vergehen seien nicht mit (digitalen) Währungsmonopolen in Einklang zu bringen. Von Bundesfinanzminister Olaf Scholz verlautete Kritik an den Plänen von Facebook & Co., welche in Überlegungen eines Verbots mündeten, da die „Libra“ den Euro und die Währungsregion bedrohen könne. Gemäß des Redemanuskriptes des zuständigen Facebook-Managers vor dem US-Senat werde die „Libra“ erst eingeführt, wenn die regulatorischen Bedenken beseitigt seien.

Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die unterschiedlichen Parteien weiter verhalten und welche Konsequenzen sich daraus für die „Libra“ und weitere Stable Coins ergeben. Ein entscheidender Faktor könnte die Hinterlegung mit Zentralbankgeld sein, welche – je nach Ausgestaltung – eine Ergänzung zum bisherigen System der Zentralbanken mit Währungsmonopolen bildet und nicht in vollkommen unabhängigen, digitalen Parallelwährungen münden muss. Fraglich erscheint jedoch die Gründung eines Konsortiums aus Firmen, welche – wie im Fall der „Libra Association“ – eigene (wirtschaftliche) Interessen verfolgen und diese über ihr Transaktionsmonopol auch monetarisieren können. Zudem steht dieser, als zentral zu bezeichnende Ansatz, dem sonst üblichen und bedeutenden Merkmal der Dezentralität einer Kryptowährung entgegen.

Über den Autor: Andreas Schyra

Andreas Schyra ist Geschäftsführer beim IPAM – Institut für professionelles Asset Management GmbH in Essen.

Anmerkung der Redaktion: Es gibt mittlerweile schon einen ETF auf die Blockchain, also der Technologie hinter Bitcoin. Das ist der Invesco Elwood Global Blockchain UCITS ETF (WKN: A2PA3S). Es scheint aber nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis wir einen ETF auf Kryptowährungen sehen werden.