10. April 2021

ETF-Analyse: Was taugt der erste Wasserstoff-ETF in Europa?

Endlich ist er da: der erste Wasserstoff-ETF! Der ETF-Emittent LGIM hat ihn im Februar lanciert und bereitet vielen Anlegern damit eine große Freude. Doch hält der neue Trend ETF, was er verspricht? Hier erfahren Sie, wie der ETF investiert und wie die Aussichten für die Wasserstoff-Branche sind.

Neben einem lupenreinen Bitcoin-ETF gibt es höchstwahrscheinlich keinen anderen Themenfonds, auf den ETF-Anleger sehnlicher gewartet haben. Wasserstoff war unter Privatanlegern immer wieder ein heißes Thema – und immer wieder kam die Frage auf:  Wann gibt es endlich einen Wasserstoff -ETF?

Die Anfragen häuften sich auch bei Philipp von Königsmarck, Vertriebsleiter für Deutschland und Österreich bei LGIM. Der Börsenprofi verantwortet bei dem britischen ETF-Emittenten das Geschäft mit sogenannten Wholesale-Kunden, also Großkunden. Nahezu jede Woche erhielt von Königsmarck Anrufe, ob und wann es einen ETF zum Thema Wasserstoff geben würde. Nun ist es soweit!

LGIM hat am 10. Februar den ersten Wasserstoff -ETF in Europa auf den Markt gebracht. Das Produkt hört auf den Namen L&G Hydrogen Economy UCITS ETF (WKN: A2QMAL) und bildet den sogenannten Solactive Hydrogen Economy Index NTR nach. Diesen hat Solactive auf der Grundlage eines regelbasierten, transparenten Investitionsansatzes konzipiert, welcher das Indexuniversum definiert.

So investiert der Wasserstoff-ETF von LGIM

Aktuell enthält der Index 28 globale Aktien, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette von industriellen Wasserstoff-Anwendungen investieren. „Wir fokussieren uns in unserem Wasserstoff-ETF von LGIM auf die industrielle Anwendung von Wasserstoff, insbesondere von grünem Wasserstoff “, sagt Tobias Merfeld, ETF-Spezialist bei LGIM.

Der ETF bildet fünf große Themenblöcke ab: Wasserstoff – und Elektrolysehersteller, Brennstoffzellenhersteller, Gas-Spezialisten, Schwertransporte (Wasserstoff -Lösungen für Busse und LKW) sowie Anbieter von Brennstoffzellenkomponenten. Unter den Positionen sind Aktien wie Nel Asa, Plug Power, Ballard Power oder Hexagon, die 2020 zum Teil sehr starke Kursgewinne verzeichneten. Es sind aber ebenso Börsenschwergewichte wie Hyundai Motors, Daimler und Toyota vertreten (allesamt im Segment Schwertransporte) sowie Linde oder Air Liquide.

Insgesamt 50 Prozent der enthaltenen Werte sind Large Caps, also Unternehmen mit großer Marktkapitalisierung. Der Rest sind kleine und mittelgroße Unternehmen, die über beträchtliches Wachstumspotenzial verfügen. Dividenden werden thesauriert, wobei dieses Investment eher nicht unter dem Aspekt der Dividende gesehen werden sollte.

Wie bei allen Themenfonds von LGIM werden die Aktien zunächst einmal gleichgewichtet in den Index aufgenommen. LGIM führt allerdings ein halbjährliches Rebalancing durch und prüft, ob neue Titel hineinkommen oder andere entfernt werden. Wachsen einzelne Positionen zwischenzeitlich so stark, dass sie mehr als 15 Prozent Indexgewicht einnehmen, wird eine Neugewichtung der enthaltenen Werte durchgeführt. Der Hintergrund: LGIM legt Wert darauf, in der Performance nicht zu abhängig von einzelnen Aktien zu sein. Der Emittent möchte zudem das Konzentrationsrisiko im Portfolio senken, um damit unnötige Klumpenrisiken zu eliminieren.

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Wie sind die Aussichten für die Wasserstoff-Branche?

Die Aussichten für die Wasserstoff-Branche sind positiv. Um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen und die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen, sind dramatische Veränderungen in der Art und Weise erforderlich, wie Energie erzeugt, verteilt und gespeichert wird. Die Bedeutung dieser Zielsetzung spiegelt sich unter anderem in dem Europäischen Klimagesetz wider, dem sogenannten Green Deal der EU, in dem festgeschrieben wurde, bis 2050 eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft in Europa zu etablieren. Auch US-Präsident Joe Biden hat bereits angekündigt, saubere Energie zum zentralen Thema seiner Amtszeit zu machen.

Die Wasserstoff -Technologie kann in diesem Kontext eine zentrale Rolle spielen. Die Branche dürfte in den kommenden Jahren stark wachsen dank massiver staatlicher Investitionen. Laut Prognosen von Roland Berger werden europäische Unternehmen im Jahr 2030 Umsätze von bis zu 65 Milliarden Euro in Europa und weiteren 65 Milliarden Euro auf den weltweiten Märkten im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen erzielen. Mit der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie im Juni 2020 hat auch die Bundesregierung die Bedeutung der Technologie unterstrichen. Das Ziel besteht darin, den Markthochlauf der Technologie – insbesondere des sogenannten grünen Wasserstoff s – bis 2023 zu forcieren.

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Wie ist das Chance-Risiko-Verhältnis?

Vorsicht! Noch ist die Technologie im Vergleich zu anderen Anwendungen teuer. Zwar prognostiziert der Branchenverband Hydrogen Council, dass die Kosten für eine Vielzahl von Anwendungen bis 2030 voraussichtlich um bis zu 50 Prozent sinken, doch noch ist nicht klar, ob und in welchen Bereichen sich Wasserstoff durchsetzen kann. Insofern ist dieser ETF eine „Branchenwette“, wie es erfahrene ETF-Anleger in der Facebook-Gruppe „ETF-Strategie“ von extraETF gern nennen. In diesem Fall handelt es sich sogar um eine etwas spekulativere „Wette“, da die Branche noch in den Kinderschuhen steckt und der Markthochlauf erst noch bevorsteht. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch: Anleger haben mit dem Wasserstoff-ETF von LGIM die Möglichkeit, attraktive Renditen zu erzielen.

Aber sind viele Wasserstoff-Aktien nicht bereits zu heiß gelaufen? ETF-Spezialist Philipp von Königsmarck verweist darauf, dass Anleger nicht mehr mit den Performances der vergangenen Jahre rechnen sollten. „Zudem sollte man einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont mitbringen.“ Der erhöhten Chance steht das höhere Risiko von Kursrückschlägen gegenüber. Aber: „Das Risiko, sich mit einer einzelnen Aktie die Finger zu verbrennen, wird mit der Diversifizierung eines ETFs sehr gut ausgeschaltet“, sagt von Königsmarck. Die Titelüberlappung mit anderen LGIM-ETFs (Clean Energy oder Batterien) sowie anderen Indizes wie dem MSCI World ist äußerst gering.

Fazit

Für Anleger, die sich der erhöhten Risiken dieses Produkts bewusst sind, ist der Wasserstoff-ETF definitiv einen Blick wert. LGIM hat einen interessanten Branchen-Mix entlang der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Anwendungen entworfen. Das Produkt könnte langfristig sehr gute Chancen bieten, jedoch auch höhere Volatilität.

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