19. Dezember 2020

Europäische Staatsanleihen: Lukrative Renditen dank weiter sinkender Zinsen

Einige Anleihen-ETFs stellten seit Jahresbeginn in puncto Rendite so manchen Aktien-ETF in den Schatten. Erfahren Sie, um welche es sich dabei handelt. 

Für Sparer sind die Einigung auf ein 1,2-Billionen-Rettungspaket zur Bekämpfung wirtschaftlicher Folgen der Coronapandemie sowie das 750-Milliarden- Euro-Programm mit Zuschüssen von 390 Milliarden Euro und Krediten von 360 Milliarden Euro weitere Hiobsbotschaften.

Denn damit wird der Niedrigzins endgültig für viele Jahre zementiert. Der Trend zu Negativzinsen könnte sich sogar noch weiter verschärfen. Wirtschaftsexperten fürchten inzwischen ein Abdriften in eine weltweite Rezession mit Massenarbeitslosigkeit und Insolvenzen. In solchen Zeiten senken Notenbanken gewöhnlich den Zinssatz. In einem Blog-Beitrag haben IWF-Ökonomen bereits Negativzinsen in Höhe von minus fünf oder sechs Prozent in den Ring geworfen, warnte kürzlich der Ex-Chef des Ifo-Wirtschaftsinstituts Hans-Werner Sinn. Das heißt: Für eingezahlte 100 Euro auf das Bankguthaben gibt es dann nur noch 94 bis 95 Euro zurück. Laut einer DZ-Bank-Studie erlitten deutsche Sparer infolge der Niedrigzinspolitik allein zwischen den Jahren 2009 und 2019 einen Verlust von insgesamt 648 Milliarden Euro. Denn viele Deutsche horten ihr Geld noch immer auf zinslosen Sparbüchern oder Tagesgeldkonten, teilweise sogar mit Negativzins belastet.

Des einen Leid, des anderen Freud

Eindeutige Gewinner dieser Situation sind dabei vor allem Aktien und Immobilien. Unbeeindruckt von einer weltweiten Verschärfung der Coronapandemie in vielen Teilen der Erde stiegen die Kurse von Aktien unaufhörlich und erreichten nahezu wieder alte Höchststände. Der Grund: Zu Aktien gibt es nur wenige Investment- Alternativen. Häuslebauer profitieren von extrem niedrigen Bauzinsen.

Auch Staatsanleihen mit langer Laufzeit profitieren von Zinssenkungen

Auch wenn es auf den ersten Blick absurd klingt: Käufer langlaufender Staatsanleihen gehören ebenfalls zu den Profiteuren des Zinsverfalls. Denn Gewinne werden bei Anleihen nicht nur aus dem jährlichen Zins *, sondern auch durch mögliche Kurssteigerungen erwirtschaftet. Sinkt der Zins, werden ältere, höher verzinste Anleihen am Sekundärmarkt attraktiver, deren Kurs am Anleihemarkt steigt. Ein Beispiel: Vor zwei Jahren wurde eine Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit zu einem Zinssatz von zwei Prozent aufgelegt. Sinkt der aktuelle Zinssatz auf nur noch ein Prozent, sind die vor zwei Jahren mit zwei Prozent verzinsten Anleihen deutlich attraktiver, denn sie bieten für die achtjährige Restlaufzeit einen Zinsvorsprung von einem Prozentpunkt jährlich. Der Kurs der Anleihen steigt daraufhin. Bei allgemein steigendem Zinsniveau tritt der umgekehrte Effekt ein, der Kurs der Anleihe würde in diesem Fall sinken.

Mega-Gewinne bei Langläufern

Wie hoch dabei die Kurssteigerung sein kann, zeigte die Auflage einer hundertjährigen Anleihe aus dem Jahr 2017 durch die Republik Österreich. Sie war mit einem Zinssatz von gerade einmal 2,1 Prozent ausgestattet und brachte dem Fiskus 3,5 Milliarden Euro ein. Auf den ersten Blick ein schlechtes Geschäft für die Investoren, denn die Auszahlung der Anleihe im Jahr 2117 dürften die Käufer wohl nicht mehr erleben. Zudem ist der Zinssatz so niedrig, dass er langfristig nicht die Inflationsrate ausgleicht. Trotzdem war die Anleihe so beliebt, dass sie 2018 wegen mehrfacher Überzeichnung weiter aufgestockt wurde, aber dann nur noch zu einem Zinssatz von 1,17 Prozent. Bei einer neuen Tranche im Juni 2020 gab es nur noch einen Zins von 0,85 Prozent. Anleihen aus dem Jahr 2017 hatten somit einen Zinsvorteil von 1,25 Prozentpunkten gegenüber den neuaufgelegten Anleihen. Auf Sicht der lang verbleibenden Restlaufzeit von 97 Jahren addiert sich dies, die 100-jährige Staatsanleihe stieg enorm im Wert. Anleger erwirtschafteten somit seit Auflage eine Rendite von rund 80 Prozent. Damit stellte diese Anleihe zahlreiche Aktien in den Schatten. Gerade einmal rund 130 Aktien weltweit sind seit Auflage der österreichischen Anleihe kurstechnisch besser gelaufen. Dazu zählen zum Beispiel die Titel von Apple oder Amazon.

ETFs auf langfristige Staatsanleihen 15 Jahre plus

Mit ETFs können Anleger auf langlaufende europäische Staatsanleihen setzen, wenn auch nicht mit hundertjähriger Laufzeit. Schaut man auf deren Renditen, so können sich diese aber durchaus sehen lassen. Einer der volumenstärksten ETFs auf Langläufer ist der iShares Euro Government Bond 15-30 Yr UCITS ETF (WKN: A0LGP5), der auf europäische Staatsanleihen mit 15- bis 30-jähriger Laufzeit setzt. Die Durchschnittslaufzeit beträgt 22 Jahre. Der abgebildete Barclays Capital Euro Government Bond 30yr Term Index umfasst 36 Investment-Grade-Anleihen, sprich also Anleihen mit guter Bonität aus Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien und den Niederlanden. Mehr als ein Drittel davon ist mit dem Rating AAA versehen. Im laufenden Jahr erwirtschaftete der ETF ein Kursplus von knapp zwölf Prozent, 2019 waren es 15,55 Prozent. Wie nicht anders zu erwarten, sank allerdings infolge der Zinssenkung die jährliche Ausschüttungsrendite von 4,17 Prozent auf 1,44 Prozent im Jahr 2019. Die Gesamtkostenquote des ETF beträgt 0,20 Prozent.

Eine Alternative dazu ist der Xtrackers Eurozone Government 15-30 UCITS ETF (WKN: DBX0AJ), der 37 Investment-Grade-Anleihen aus den zuvor genannten Euro-Staaten umfasst. Mit einem Fondsvolumen von 31 Millionen Euro ist der ETF jedoch deutlich kleiner.

Anders als der iShares-ETF werden die Dividenden jedoch nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert. Die erzielte Rendite ist leicht höher als beim iShares-ETF. Die Gesamtkostenquote beträgt 0,15 Prozent.

Auf Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als 15 Jahren setzt der Lyxor

Eine Alternative ist der Lyxor EUROMTS 15+ Investment Grade UCITS ETF (WKN: LYX0VF). Mit 114 Millionen Euro ist er deutlich fondsvolumenstärker als die beiden zuvor genannten Alternativ- ETFs, so dass dadurch die Gefahr einer vorzeitigen Fondsliquidation sinkt. Der ETF umfasst 74 Anleihen aus zehn verschiedenen Euro-Staaten und ist somit deutlich breiter diversifiziert.

Stark darin vertreten sind Anleihen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Belgien. Der Anteil von Anleihen mit Bestbewertung AAA ist hier mit rund einem Viertel etwas geringer. Seit Jahresbeginn erwirtschaftete er eine Rendite von 12,96 Prozent. Die Gesamtkostenquote des ETFs beträgt 0,17 Prozent.

Langzeitläufer mit über zehn Jahren

Auf europäische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von nur 10 bis 15 Jahren setzt hingegen der Amundi Government Bond Euro MTS Broad Investment Grade UCITS ETF (WKN: A0RNWA), in dem 95 Millionen Euro investiert sind. Der synthetisch replizierende ETF setzt auf Anleihen aus zehn Euro-Staaten. Mit knapp 14 Prozent ist der Anteil an AAA-Anleihen vergleichsweise niedrig. Die Gesamtkostenquote des ETF beträgt 0,14 Prozent. Aufgrund der geringeren Laufzeit der im Index enthaltenen Anleihen liegt die Rendite seit Jahresbeginn bei 7,27 Prozent. Eine vergleichsweise hohe Rendite von 10,89 Prozent erwirtschaftete seit Jahresbeginn der SPDR Bloomberg Barclays 10+Year Euro Government Bond (WKN: A2ACRK). Ein möglicher Grund: Mit einer durchschnittlichen Restlaufzeit von 20,67 Jahren enthält der ETF aktuell überwiegend Anleihen mit langer Laufzeit. Trotz seiner Bezeichnung „10+“ ist er somit eher vergleichbar mit den ETFs der längsten Laufzeitdauer. Mit 121 Anleihen aus 14 Eurostaaten plus der Europäischen Union als Emittent ist er der am breitesten diversifizierte ETF. Überdurchschnittlich darin vertreten sind Anleihen aus Frankreich, Italien, Deutschland und Spanien. Der Anteil von Anleihen mit der Bestnote

AAA liegt bei gut einem Fünftel. Ein Haken bei dem ETF ist jedoch das geringe Fondsvolumen von nur zehn Millionen Euro, so dass damit die Gefahr einer vorzeitigen Liquidation besteht. Die Gesamtkostenquote des ETFs beträgt 0,15 Prozent.

Ausgewählte ETFs, mit denen Anleger auf europäische Staatsanleihen setzen können (Eurozone)

Langfristig auf Inflationsszenario setzen

Noch ist die Inflation im Euroraum sehr niedrig, aber im Juli stieg sie minimal auf +0,4 Prozent an. In Deutschland meldeten die Statistiker sogar infolge der Mehrwertsteuersenkung eine Inflationsrate von -0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Wer als Anleger jedoch angesichts der zunehmenden Verschuldung auf eine steigende Inflation setzt, kann sich auch langlaufende Inflationsanleihen ins Depot legen. Auf solche setzt der UBS Bloomberg Barclays Euro Inflation Linked 10+ (WKN: A2DUGP). Er umfasst elf Anleihen aus den vier Eurostaaten Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland. Gut acht Prozent der Anleihen fallen auf die Bestbewertung AAA. Mit einem Fondsvolumen von vier Millionen Euro ist er der kleinste der vorgestellten ETFs, so dass eine vorzeitige Fondsliquidation nicht auszuschließen ist. Seit Jahresbeginn erwirtschaftete er zudem nur eine Rendite von 9,12 Prozent. Ähnlich lief der Xtrackers Global Inflation Linked Bond (WKN: DBX0AL). Mit einem Volumen von 1.093 Millionen Euro ist er deutlich größer. Er umfasst 142 globale Inflationsanleihen und ist damit deutlich breiter gestreut. Seit Jahresbeginn ist er mit knapp acht Prozent im Plus.

Fazit

Die Gefahr eines Abdriftens in eine globale Rezession zwingt die Notenbanken zu weiteren Zinssenkungen. Von solchen profitieren vor allem langfristige Staatsanleihen infolge der damit verbundenen Kurssteigerungen. Trotz Niedrigzins können Anleger mit ETFs auf langfristige Anleihen attraktive Renditen erzielen.