17. Juli 2021

Schreckgespenst Inflation: Diese ETFs schützen Ihr Vermögen

Brachte 2020 das Coronavirus die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds, droht in diesem Jahr eine ganz andere Gefahr: die Rückkehr der Inflation! Wie Sie sich mit ETFs schützen können.

Seit dem vergangenen April haben sich Rohstoff e wie Öl oder Kupfer, aber auch Aktien stark verteuert. Sogar die zunächst krisengeschüttelten Immobilienmärkte haben sich – von Ausnahmen bei Gewerbeimmobilien abgesehen – gut entwickelt. Steigende Preise für Grund- und Rohstoff erschlagen laut der Wirtschaftstheorie mittelfristig auch auf die Verbraucherpreise durch – die Entwertung von Vermögen droht. Doch wie real ist die Gefahr wirklich? Und welche Ma nahmen können Anleger gegen die anziehende Inflation ergreifen?

Droht mehr als nur eine Inflation der Vermögenspreise?

Auf den ersten Blick spricht einiges für einen Anstieg der Inflation: Regierungen und Notenbanken haben im Zuge der Krise Milliarden in die Märkte gepumpt. Die Neuverschuldung der USA lag 2020 bei 15 Prozent der Wirtschaftsleistung. Bis Ende 2021 ist von einer Schuldenquote von 102 Prozent des BIPs auszugehen. Die Experten der DWS rechnen im Zuge der zuletzt stark gestiegenen Rohstoff – preise auch in den nächsten Monaten mit einer steigenden Teuerung, geben aber trotzdem Entwarnung: „Einmalige Preisveränderungen stellen keine Inflation dar. Inflation ist ein Prozess wiederkehrender Preisanstiege“, so Martin Moryson, Chefvolkswirt Europa der DWS, und verweist auf Basiseffekte im Vergleich zu den Vorjahresmonaten, in denen die Krise die wirtschaftliche Aktivität gänzlich lahmgelegt hat.

Mittelfristig sieht Moryson kaum Preistreiber und erkennt in modernen Produktionsverfahren und der arbeitsteilig organisierten globalisierten Wirtschaft eher Faktoren, die dazu geeignet sind, die Preise zu senken. Lediglich langfristig könnten demografische Faktoren, wie etwa die wachsende Anzahl an Rentnern, die mehr konsumieren, aber nichts mehr produzieren, für Inflationsdruck sorgen. Neben der klassischen Verbraucherpreisinflation, die sich an den Preisen für alltägliche Konsumgüter orientiert und die während der vergangenen zehn Jahre keine Rolle spielte, dominiert die Vermögenspreisinflation seit Jahren das Geschehen. Diese Form der Inflation beschreibt Preissteigerungen bei klassischen Investitionsgütern wie etwa Aktien und auch Immobilien.

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Treiber der Vermögenspreisinflation können niedrige Darlehens- und Anlagezinsen ebenso sein wie die Sorge vor Verwerfungen des Finanzsystems oder schlichtweg die Sorge vor weiter steigenden Preisen. Während es in den vergangenen Jahren keinen Zusammenhang zwischen der realen Vermögenspreisinflation und der Verbraucherpreisinflation gegeben hat, könnte sich nun der bestehende Trend fortsetzen und auch die Teuerung von Konsumgütern merklich anziehen. Die Ursache könnte in steigenden Rohstoff – preisen liegen. Schon heute melden Baustoffhändler leere Lager und steigende Preise. Der Grund: Die Grundstoff e werden mehr und mehr knapp.

Notenbanken greifen nicht ein

Hintergrund dieser Lage ist die eingeschränkte Produktion während der Pandemie sowie die steigende Nachfrage im Zuge der nach und nach einkehrenden Normalität. Auch sitzen viele Konsumenten auf Barmitteln und sehnen sich nach Shoppingtouren, wie sie sie aus der Zeit vor der Pandemie kennen. „Die Sparquote in den USA hat den höchsten Stand seit Jahrzehnten erreicht und bleibt weiterhin auf hohem Niveau. Wenn die Wirtschaft wieder anspringt, könnte diese Ersparnis auf ein ‚normaleres‘ Niveau sinken und eine enorme Kaufkraft bei den Konsumenten freisetzen“, so die Experten des Investmenthauses Brandywine Global.

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Auch die Experten des Asset-Managers GAM Investments sind beim Blick auf steigende Preise nicht ganz so entspannt: „Rund ein Jahr nach Ausbruch der Covid- 19-Pandemie ist klar, dass die politischen Entscheidungsträger bereit sind, die Volkswirtschaften ‚heißlaufen‘ zu lassen, um eine über dem Ziel liegende Inflation zu erzeugen. Angesichts des exogenen Charakters des Covid-19-Schocks sind sie nicht durch Bedenken moralischer Risiken eingeschränkt, die ihre Entscheidungen während der globalen Finanzkrise immer wieder ins Stocken brachten. Dies zeigte sich sowohl im Ausmaß als auch in der Geschwindigkeit der politischen Reaktion auf die Covid-19-Krise im Vergleich zu 2008“, so die Experten und verweisen auf gestiegene Geldmengen und deren Einfluss auf die Inflationsrate.

Auch die Rhetorik der Notenbanken, die sich heute anders als in früheren Inflationsphasen alles andere als besorgt über eine Annäherung der Teuerung an die ehemalige Inflationsgrenze von zwei Prozent zeigen, spricht laut GAM Investments für weiter steigende Preise ohne Intervention der Währungshüter. Doch wie sollten Anleger mit dem aktuellen Szenario umgehen?

Schutz durch Anleihen und Aktien

Lohnt es sich schon heute, sich gegen die Teuerung zu stemmen, oder gehen Investoren damit womöglich zusätzliche Risiken ein? Obwohl Anleihen im aktuellen Marktumfeld nicht das bevorzugte Investment vieler Privatanleger sind, betont man bei GAM die Chancen bei Papieren von Rohstoffländern wie etwa Norwegen und Kanada. Eine weitere interessante Option am Bondmarkt sind inflationsgebundene Anleihen, deren Kupon an die Teuerungsrate gekoppelt ist, findet Heike Fürpaß-Peter, Leiterin von Lyxor International Asset Management S.A.S. Deutschland. Die Marktkennerin verweist darauf, dass sich dieser Markt inzwischen auch mittels ETFs gut abbilden lässt: „Mittlerweile können Investoren mit diesen ETFs am Anstieg der Inflation nicht nur in der Euro-Region, sondern auch in den USA sowie global partizipieren“, so Fürpaß-Peter.

Im aktuellen Markt hat diese Art der Anleihen aber noch nicht so stark reagiert. Die Gründe dafür kennt Dag Rodewald, Leiter UBS ETF Deutschland & Österreich: „Grundsätzlich bieten inflationsindexierte Anleihen einen Schutz gegen eine höhere Inflation. Jedoch sollten Anleger beachten, dass diese Anleihetypen auf Indizes referenzieren, die eine realisierte Inflation widerspiegeln. Die starken Bewegungen der letzten Wochen, vor allem bei US-Staatsanleihen, basierten unter anderem auf einem Anstieg der Inflationserwartungen“, so Rodewald.

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Für die aktuelle Marktphase rät der UBS-Mann daher in erster Linie zu Aktien, die aktuell gefragt sind, wie etwa Zykliker und Dividendenwerte. „Im Faktor/Smart-Beta-Bereich profitieren davon vor allem Faktorlösungen wie ‚Value‘, ‚Quality‘ oder unser innovativer ‚Prime Value‘ Ansatz, der Value und Quality-Faktoren kombiniert“, so Rodewald.

Damit rechnen die Profis

Für alle Anleger, die statt auf Smart- Beta lieber auf klassische Indizes setzen, verweist Fürpaß-Peter auf ETFs auf Rohstoff e oder altbekannte Aktienindizes. Auch im Bereich der Finanztitel könnten Anleger fündig werden: „Die durch die niedrigen Zinsen gebeutelten Finanzwerte profitieren von steigenden Renditen, da diese den Banken höhere Margen ermöglichen“, so die Lyxor-Deutschland-Chefin. Ähnlich unaufgeregt sieht man Inflations-Investments auch bei der DWS, zu denen der ETF-Anbieter Xtrackers gehört. „Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die meisten Unternehmen in den globalen Aktienindizes den durch steigende Rohstoffpreise und sonstige Inputkosten entstehenden Margendruck durch Preiserhöhungen und Effizienzsteigerungen kompensieren können. Die Gewinnentwicklung dürfte bei Unternehmen mit starker Marktposition kaum beeinträchtigt werden“, sagt Sidi Kleefeld, Leiter Vertriebsstrategie Passive Investments bei der DWS, und nennt zusätzlich Hochzinsanleihen, Value-Werte und inflationsgebundene Bonds.

Fragt man die Entscheider der ETF-Anbieter nach möglichen Innovationen rund um Inflationsprodukte, verweisen die Experten auf das bestehende Angebot aus ETFs auf inflationsgebundene Anleihen, klassische Aktien-ETFs oder auch Gold-ETCs und Rohstoff -Körbe. Hinzu kommt, dass sich die große Inflations-Panik am Markt noch nicht breitgemacht hat.

„Der Löwenanteil der Zuflüsse im ETF-Markt entfiel im zweiten Halbjahr 2020 und Anfang 2021 ganz klar auf Aktien- ETFs. Insgesamt scheinen Anleger mit einer moderaten Infl ations- und Zinsentwicklung zu rechnen, die den positiven Verlauf der Aktienmärkte nicht beeinträchtigt. Jedoch wurden auch bei ETFs auf inflationsgeschützte Anleihen deutliche Zuflüsse registriert“, meint dazu Kleefeld. Ähnlich sieht es bei Lyxor aus. Deutschland-Chefin Fürpaß-Peter sieht neben einer erhöhten Nachfrage nach inflationsgebundenen Anleihen auch eine kontinuierliche Nachfrage nach dem Rohstoff-ETF Lyxor Bloomberg Equal-Weight Commodity ex-Agriculture. Ähnlich ist die Situation bei der UBS. Die Schweizer Großbank beobachtet aktuell einen zusätzlichen Umschwung der Anleger zu tendenziell zyklischen Werten.

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Panik ist nicht geboten

Die Inflation ist kein Schreckgespenst, vor dem Anleger kapitulieren müssen. Schon ein ausgewogenes Portfolio hilft dabei, Teuerungsrisiken zu senken und Kapital zu erhalten. Wer sich darüber hinaus robust gegen eine m gliche Infl ation positionieren will, denkt über Rohstoffe nach oder mischt sorgfältig inflationsgeschützte Anleihen bei. Ein großer Strategieschwenk geschweige denn Panik ist allerdings nicht geboten. Ein Auge auf die Teuerung zu haben, ist dennoch ratsam.

Fazit

In den kommenden Monaten fährt die Weltwirtschaft nach einer niedagewesenen Vollbremsung wieder hoch. Kurzfristige Verwerfungen an den Märkten sind nicht ausgeschlossen. Wer sein Portfolio schützen möchte, kann mit inflationsgeschützten Anleihen, Rohstoffen, Finanztiteln und Value-Werten gegenhalten.

Eine Auswahl von ETFs, die vor Inflationsrisiken schützen

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