29. Januar 2019
Deutsche verbinden mit den Themen Geld und Finanzen eher negatives.

Zwei neue Studien legen Misstrauen der Deutschen gegenüber Finanzmärkte offen

Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov kommt zum Ergebnis, das die Deutschen den Finanzmärkten in großem Maße misstrauen. Auch eine AXA Studie schlägt in dieselbe Kerbe: Deutsche verbinden die Börse fast nur mit Spekulation.

YouGov Studie: Herausforderung für Finanzdienstleistungen: An Geld und Finanzen denken die Deutschen häufiger negativ als an andere Themen

Zwar denken die Deutschen häufig an Geld und persönliche Finanzen (67 Prozent) – im Vergleich wird nur an die Themen Familie (73 Prozent) und Gesundheit (68 Prozent) häufiger gedacht. Jedoch sind mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Gedanken an Geld und Finanzen negativ geprägt, nur 35 Prozent positiv. Im Vergleich zu anderen Themen sind Geld und persönliche Finanzen die am negativsten besetzten Themen für die Deutschen. Es folgen die Themen Beruf und Gesundheit, die jeder fünfte Befragte negativ konnotiert. Dies ist das Ergebnis der Analyse „Regiert Geld die Deutschen?“ des internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov in Zusammenarbeit mit Der Bank Blog, für die 2.212 Personen ab 18 Jahren vom 05. bis 08. November und vom 30. November bis 04. Dezember 2018 mittels standardisierter Online-Interviews bevölkerungsrepräsentativ befragt wurden.

Im Geschlechtervergleich wird deutlich, dass Frauen deutlich häufiger negative Gedanken an Geld und Finanzen haben als Männer. Während Männer deutlich häufiger positiv als negativ an Geld denken (Differenz: 15 Prozentpunkte), denken Frauen fast genauso oft negativ wie positiv an das Thema (Differenz: 3 Prozentpunkte).

Bis zum 60. Lebensjahr nehmen die negativen Gedanken an Geld zu

Ein Blick in die unterschiedlichen Altersgruppen zeigt, dass die negative Einstellung zum Thema Geld und Finanzen bis zum Alter von 59 Jahren stetig steigt. Im Alter von 50 bis 59 Jahren denken fast genauso viele Menschen negativ an das Thema wie positiv. Ab 60 Jahren wandeln sich die Gedanken und die Menschen denken deutlich häufiger positiv als negativ an das Thema (Differenz: 17 Prozentpunkte)

Direktbankkunden am positivsten gegenüber Geld eingestellt – Sparkassenkunden am negativsten

Große Unterscheide offenbaren sich bei der Analyse der Hauptbankverbindungen der Befragten. Mit Abstand am positivsten an Geld und persönliche Finanzen denken Direktbankkunden (25 Prozentpunkte häufiger positiv als negativ). Gefolgt wird diese Gruppe von Genossenschaftsbankkunden (Differenz: 17 Prozentpunkte) und Großbankkunden (Differenz: 15 Prozentpunkte). Bei Sparkassenkunden ist das Thema häufiger negativ (32 Prozent) als positiv (28 Prozent) konnotiert.

Geld und Finanzen haben eine große Relevanz im Alltag

„Zwar lässt die Analyse keine Rückschlüsse auf die Ursachen der negativen Gedanken zum Thema Geld zu, doch für Banken und Sparkassen ist dies eine weitere Erklärung, warum sich Menschen mit dem Thema Finanzdienstleistung schwer tun“, sagt Hansjörg Leichsenring, Herausgeber des Bank Blogs. „Geldinstitute sind daher gut beraten, daran zu arbeiten, das Themenfeld Geld und persönliche Finanzen positiv zu besetzen. Ein solcher ‚Imagewandel‘ ist zwar keine einfache Aufgabe, würde aber sicherlich dazu beitragen, den geschäftlichen Boden zu bereiten und damit eine bessere Grundlage für Beratungen und Abschlüsse schaffen.“

Der Besitz von Geld steigert zwar teilweise die Zufriedenheit, die Auseinandersetzung mit dem Thema an sich erzeugt jedoch nur selten positive Stimmung“, so Peter Mannott, Team Manager Custom Research bei YouGov. „Geld ist für die (insbesondere jungen) Verbraucher in erster Linie ein Mittel zum Zweck. In der Kommunikation sollten die Finanzunternehmen die direkte Ansprache des Themas Geld bzw. persönliche Finanzen in den Hintergrund stellen und sich eher auf den damit verfolgten Zweck fokussieren.“

AXA Studie: Deutsche verbinden die Börse fast nur mit Spekulation/Babyboomer sind stärkste Börsen-Gegner

Als optimale Dauer für Geldanlagen an der Börse geben die Deutschen im Schnitt nur 28 Monate an. Lediglich zwölf Prozent der erwachsenen Bevölkerung hält ein Börsen-Engagement von länger als zehn Jahren für am besten. Keine andere Altersgruppe in Deutschland hat dabei ein grundsätzlich so negatives Bild von den Kapitalmärkten wie die „Babyboom“-Jahrgänge, also die heute 50- bis 64-Jährigen: Für 61 Prozent dieser nächsten Rentner-Generation bedeuten Geldanlagen an der Börse „unkontrollierbare Risiken“. Vier von zehn unter ihnen (39 Prozent) lehnen Anlagen an der Börse sogar „aus Prinzip ab“. Und für 65 Prozent ist die Börse „nur etwas für Experten“. Zum Vergleich: bei den unter 50-Jährigen in Deutschland sagen das nicht einmal die Hälfte (49 Prozent). Das sind Kernergebnisse der neuen Fokusbefragung im Rahmen des jüngsten Axa Deutschland-Reports.

„Die Deutschen haben ein gespaltenes Verhältnis zur Geldanlage am Kapitalmarkt“, resümiert Thilo Schumacher, Vorstand Personenversicherung bei der Axa Konzern AG. „Kurzfristig an der Börse zu spekulieren, wird als interessant empfunden. Gerade aber für die angehende nächste Rentner-Generation sind langfristige Anlagen am Kapitalmarkt entscheidend, damit sie im Ruhestand – neben der gesetzlichen Rente – auskömmliche Einkünfte haben.“

Babyboomer als „verlorene Börsen-Generation“

Trotz ihres höheren Lebensalters und größeren Vermögens zeigen sich die „Babyboomer“ bei Finanzthemen gegenüber der jüngeren Bevölkerung kaum besser informiert. Ein Beispiel: Als optimale Anlagedauer für Aktien geben die Bundesbürger im Schnitt 28 Monate an – und damit viel zu gering angesichts häufiger Kursschwankungen. Und auch bei den 50- bis 64-Jährigen sind es mit 31 Monaten kaum mehr. Zudem kann mehr als die Hälfte dieser Babyboomer (54 Prozent) keine Einschätzung abgeben, welche Rendite sie bei einer Geldanlage über fünf Jahre erwarten (Gesamtbevölkerung: 56 Prozent). Ebenso wie in der Gesamtbevölkerung glauben von den geburtenstärksten Jahrgängen auch nur 26 Prozent, dass Aktien oder Aktienfonds langfristig die beste Anlage zum Vermögensaufbau sind. Und jeder zweite der Babyboomer (52 Prozent) wie auch in der Gesamtbevölkerung (53 Prozent) wäre nur dann zu einem Aktieninvestment bereit, wenn er eine Garantie auf sein eingesetztes Kapital bekäme.

Thilo Schumacher: „Die 50- bis 64-Jährigen besitzen in Deutschland den weitaus größten Teil aller Spareinlagen. Ihr geringes Börsen-Interesse kann daher auch erklären, warum es in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern, so wenig Aktienbesitz gibt. Die Babyboomer als angehende nächste Rentnergeneration drohen damit zu einer ´verlorenen Börsengeneration` zu werden. Gerade hier sehen wir einen hohen Bedarf an qualifizierter und individueller Beratung.“

Wenig Wissen zur Inflationsrate

Wie hoch ist die aktuelle Inflationsrate in Deutschland ungefähr, also um wie viel Prozent sind die Preise für Güter und Dienstleistungen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen bzw. gesunken? Mehr als die Hälfte der Deutschen (55 Prozent) kann auf diese Frage keinerlei Einschätzung abgeben. Es gibt aber deutliche Unterschiede. Auffallend ist der höhere Anteil unter Frauen (62 Prozent) als unter Männern (48 Prozent). Größer noch ist die Differenz bei unterschiedlichem Vermögen. Von den Deutschen, die 50.000 Euro und mehr besitzen, können 34 Prozent eine Angabe machen, die größtenteils auch stimmt. Bei denen mit geringerem Vermögen liegt der Anteil ohne Einschätzung dagegen fast doppelt so hoch mit 60 Prozent. Als besonders gut informiert zeigen sich die Besitzer von Aktien: Unter ihnen trauen sich nur 29 Prozent keine Einschätzung zur Höhe der Inflationsrate zu. Das Schlusslicht bilden die 18- bis 24-Jährigen. Hier sind es 74 Prozent, die keine Einschätzung zur Inflationsrate abgeben können.

Thilo Schumacher: „Ein Euro schmilzt schon bei einer Inflationsrate von nur zwei Prozent auf gut die Hälfte seiner heutigen Kaufkraft in 30 Jahren ab. Wer bei seiner Vorsorgeplanung nicht beachtet, dass ein heutiger Euro dann nur noch 55 Cent wert ist, riskiert eine gefährliche Deckungslücke im Alter.“

Regionale Besonderheiten, vor allem in Ostdeutschland

Das bundesweit größte Interesse an der Börse besteht in Schleswig-Holstein: Fast die Hälfte aller Erwachsenen dort (49 Prozent) sagen, dass sie Geld an der Börse anzulegen für „hochinteressant halten“. Nur sieben Prozent empfinden solche Anlagen als „unseriös“. Mehr als dreimal so häufig werden Börsenanlagen dagegen von Brandenburgern als unseriös bezeichnet (24 Prozent). Zugleich verbindet man in Brandenburg aber auch stärker als in jedem anderen Bundesland die Börse mit „unkontrollierbaren Risiken“ (69 Prozent, Bundesschnitt: 56 Prozent).

Das grundsätzlich geringste Interesse an Börsenanlagen besteht in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Auch hier interessant: In keinem anderen Bundesland wird die beste Dauer für ein Börseninvestment so kurz mit nur 22 Monaten angegeben wie in Thüringen. Lediglich Brandenburger machen mit 22,5 Monaten eine ähnlich kurze Angabe.